Muss die Schuldenbremse aufgeweicht werden?

Viel ist in diesen Tagen wieder davon zu hören, dass die Schuldenbremse aufgeweicht werden müsse. Was viele nicht wissen: Tatsächlich ist kaum möglich, die Neuverschuldung nicht stetig auszuweiten. Das hat nichts mit unvernünftigen Politikern zu tun, sondern ist ein technisches Problemunseres Geldsystems. Um das zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass Geld durch den Zins in Fluss gehalten wird. Der bekannte Ökonom Keynes beschrieb den Zins treffend als „Prämie für den Verzicht auf Liquidität“, also als Prämie, das Geld nicht unter dem Kopfkissen zu horten, sondern es auszuleihen oder zur Bank zu bringen, die es dann für uns ausleiht.
Der Zins lässt Bankeinlagen wachsen. Die Geldmenge einer Volkswirtschaft, bestehend aus Bargeld und Bankeinlagen wächst daher ebenfalls stetig. Da es aber keinen Zins ohne Schuld gibt, MUSS die Gesamtverschuldung (Haushalte, Unternehmen + Staat) einer Volkswirtschaft im selben Rhythmus wachsen. Das ist der Grund, warum wir uns immer wieder mit Finanzkrisen konfrontiert sehen. Die Krise kommt immer dann, wenn die Banken es nicht schaffen, ausreichend solvente Kreditnehmer zu finden, um die stetig wachsenden Guthabenzinsen zu bedienen. In ihrer Not fangen sie dann an, Kredite auch an Kunden mit sub-optimaler Bonität (sub-prime) zu vergeben. Später wird ihnen dann vorgehalten werden, sie hätten die Bonitätsprüfung nicht gewissenhaft genug durchgeführt.

Der Staat als „Borrower of Last Resort“

 

Finanzsektor, Verschulung

und die Suche nach alternativen Geldsystemen

Der Staat ist aus Sicht des Finanzsektors ein besonders guter Kunde. Erfragt nicht nur sehr große Kreditsummen nach, sondern ist auch solvent. Die einzige Möglichkeit, im aktuellen System die Neuverschuldung des Staates nicht auszuweiten, ist es, Haushalte oder Unternehmen zu überzeugen, sich mehr verschulden. In Deutschland sieht es aber gerade nicht so aus, dass die Menschen sich weiter verschulden möchten. Demnach wird wieder einmal der Staat als „Borrower of last Resort“, also als Kreditnehmer in letzter Instanz einspringen müssen. Dank des Investitionsstaus in Deutschland wird man dafür sicher ausreichend Vorwände dafür finden.
 
Übriges wäre es denkbar, ein Finanzsystem einzuführen, in dem Geld ohne Zins als Nicht-Hortungsprämie in Fluss bliebe. Der Geldtheoretiker Silvio Gesell hatte hierfür schon vor über 100 Jahren Vorschläge gemacht. Leider werden diese in den Wirtschaftswissenschaften nach wie vor wenig studiert.
Weitere Beiträge