Ein Gastbeitrag von Simon Bichlmaier
Eine Thematisierung der sog. „Österreichischen Schule“ in freiwirtschaftlichen Schriften halte ich − aufgrund deren Bekanntheitsgrad für dringend geboten. Wenn wir jene Menschen erreichen wollen, die überhaupt kritisch über unser heutiges Geld nachdenken wollen/können, so müssen wir anerkennen, dass sich wohl die meisten von ihnen derzeit für die Rezepte der „Österreichischen Schule“ aussprechen. Auf diese zuzugehen, die sachliche Auseinandersetzung mit ihnen zu suchen, ist daher unumgänglich. Unsere Inhalte geraten sonst ins Abseits, jene Vorbehalte, die uns gewöhnlich entgegengebracht werden, erfahren in den Augen der Interessierten keine freiwirtschaftliche Gegenargumentationen − kurz: In der Auseinandersetzung erreichen wir Thematisierung, können wir falschen Urteilen über die Freiwirtschaftslehre argumentativ entgegentreten.
Die folgende Zusammenschau ist ein Gedankenexperiment, dass beide Seiten bei der Ehre packen können sollte, denn es trifft auf beide Seiten zu: Treffen die eigenen Theorien zu, dann lösen sich bisher jeweils gedachte Vorbehalte – zumindest bzgl. der konkreten Geldthematik beider Ansätze – ins Nichts auf.
Freigeld & Privates Marktgeld lt. „Österreichischer Schule“ − ein Gedankenversuch
Wir sind nicht die einzigen Kritiker des heutigen Geldwesens. Realistisch betrachtet stehen wir wohl nur in zweiter oder dritter Reihe. Die allgemein Bekanntesten sind – neben den Gold-/Silbergeld-Befürwortern – jene, die eine Einführung von privat emittiertem Marktgeld/Warengeld fordern. Wenn man außerhalb freiwirtschaftlicher Kreise die Möglichkeit eines anderen Geldwesens thematisiert, stellt man fast immer fest, dass dieses Konzept schon in den meisten Köpfen ist, während aber unser Ansatz meist unbekannt scheint oder – aufgrund der uns allen aus den Diskursen bekannten Vorbehalte – abgelehnt wird.
Wir müssen uns also damit auseinandersetzen. Es geht um die Überzeugung derjenigen Bürger, die überhaupt über das bestehende System nachdenken. Dies sind die ansprechbaren Köpfe, um diese müssen wir mit den anderen Geldwesenkritikern konkurrieren.
Ich will diese Denkrichtung nun näher − und in Verbindung mit der Freigeldlehre − betrachten und komme dann zu einem für viele Leser wohl sehr überraschenden Fazit.
Es soll versucht werden, privates Warengeld (wie von der „Österreichischen Schule der Nationalökonomie“ vorgeschlagen) und die Freigeldlehre zusammenzudenken. Das Ergebnis dessen scheint mir durchaus diskussionswürdig zu sein.
Silvio Gesell hat das Goldgeld ja stets kritisiert, meinte damit aber die Probleme, die sich aus dem klassischen Goldstandard ergeben. Gold und Silber wird aber immer als Wertaufbewahrungsmittel präsent sein. Ein Zusammendenken unseres Ansatzes mit Marktgeld stellt also keine neue Theorie dar, sondern integriert nur die diesbezüglich vorhandene Realität in unser Denken.
Zur Einleitung:
Die Goldgeld-Befürworter sind jene Gruppe, deren Argumente auch von den Massenmedien an die Menschen transportiert werden.
Vor allem jetzt in der Krise kommen die Markt-, Waren-, Goldgeldbefürworter immer öfter zu Wort. Dies ist aus Sicht der Geldwesenkritik im Allgemeinen auch positiv zu sehen, denn in diesen Beiträgen werden zumeist auch viele Wahrheiten ausgesprochen, die gewöhnlich im massenmedialen Dunkel verbleiben. Die Notenbanken und unser heutiges Geld- und Bankwesen erfahren hier oftmals eine Kritik, die durchaus als fundamental bezeichnet werden kann.
In dieser Gruppe beruft man sich in der Regel auf die Erkenntnisse der „Österreichischen Schule der Nationalökonomie“, oft (und auch im Folgenden) auch die „Austrians“ genannt. Ihre wichtigsten Vordenker sind Carl Menger, Friedrich A. von Hayek, Böhm-Bawerk und v.a. Ludwig von Mises.
Die „Austrians“ stehen für eine radikal-liberale, möglichst marktwirtschaftlich-selbstregulative Geld- und Wirtschaftspolitik, wollen möglichst wenig staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und das Geldwesen, einen unverfälschten Markt und ein − aus ihrer Sicht − wahres/echtes Marktgeld verwirklichen. Damit soll v.a. erreicht werden, dass die Inflation beseitigt wird und sich auch sonst keine größeren Ungleichgewichte und damit Krisenpotentiale aufbauen können. Diese (hier sind wir uns weitgehend einig) haben ihre Ursache oft auch in der willkürlichen Zinspolitik der Notenbanken. (Wobei Freiwirtschaftler die kapitalistischen Kernprobleme und damit das reaktive Handeln der Notenbanken m.E. noch etwas vielschichtiger betrachten!)
Die Notenbanken sollen daher abgeschafft werden, die Zinsen sich frei am Markt bilden. Frei konkurrierende, privat emittierte Währungen sollen dazu führen, dass sich das beste Geld durchsetzt. Jenes Geld, dass am meisten Vertrauen genießt, würde sich im Markt behaupten, fände die größte Verbreitung. Dies würde dann – nach Meinung der „Austrians“ – wohl ein 100%-ig mit Edelmetallen gedecktes Geld des vertrauenswürdigsten privaten Emittenten sein.
Vor allem aufgrund ihrer − nach meinen Erfahrungen − durchweg positiven Intentionen gebührt den „Austrians“ durchaus Anerkennung:
Sie setzen sich − ebenso wie wir − für eine möglichst stabile marktwirtschaftliche Entwicklung ein, sind gegen ein willkürliches Zinsdiktat durch Notenbanken, sind gegen Inflation, hinterfragen investigativ-forschend die Irrwege und Skandale in der heutigen Wirtschaft und Geldpolitik, sehen sogar die Problematik des Zinssystems , nehmen diese aber als quasi-natürlich hin. Sie sahen z.B. die Finanzkrise ab 2007 schon lange im Voraus, und:
Sie plädieren − wie viele von uns auch − für eine 100-%-Mindestreservepflicht der Banken.
Kurz: Der Intention der „Austrians“, ebenso wie großen Teilen ihrer Analyse, gebührt Respekt und Anerkennung − auch wenn wir selbst für andere Lösungen argumentieren.
Auch wenn unsere Ansätze, v.a. das Freigeld, von den „Austrians“ abgelehnt werden, so sehe ich dennoch gute Gründe für eine offene Auseinandersetzung.
Freigeld und die Österreichische Schule: Ein Wettbewerb, der keiner ist?
Denkwürdig ist v.a. Folgendes:
Genau betrachtet dürften die Anhänger der „Österreichischen Schule“ eigentlich gar kein Problem mit uns Freiwirtschaftlern haben, denn:
Wenn in der Volkswirtschaft die verschiedenen Marktgelder konkurrieren können sollen, und sich nach Sicht der „Austrians“ ohnehin das beste Geld durchsetzen würde, so würde nach dieser Logik auch nichts dagegen sprechen, wenn der Staat entweder mit Umlaufgeld/Freigeld oder sogar mit einem entsprechenden Freigeld- Refinanzierungsangebot der Zentralbank an die Banken mitkonkurrieren würde. Würden die Menschen dem Freigeld nicht voll vertrauen, so könnten sie dieses jederzeit in andere Gelder umtauschen.
Soweit kein Problem. Dies wäre in einer realiter verwirklichten gesellschen Natürlichen Wirtschaftsordnung ohnehin so der Fall. Ohne die erwiesene, erlebte Stabilität des Freigeldes würden die Ersparnisse vielfach in Sachwerte investiert werden, und als solche ließen sich ja auch Gold- und Silbermünzen trefflich betrachten.
Unser Konzept dürfte also aus Sicht der „Austrians“ kein Problem darstellen, da es − wenn sie recht hätten − ohnehin nicht konkurrieren könnte, damit also ohnehin schnell vom Markt verschwände.

Würden die Menschen das Freigeld aber für gut befinden, so dürfte dies für die „Austrians“ ebenfalls kein Problem darstellen, da es dann ja seine Qualitäten im marktwirtschaftlichen Konkurrieren fair bewiesen hätte, also ebenfalls anerkanntermaßen stabiles, konkurrenzfähiges Marktgeld wäre.
Wenn unsere Annahmen stimmen, wovon ich ausgehe, so würde sich das Freigeld schnell als stabil etablieren. Da es über die Herausgabe durch den Staat (sei es über Investitionen, staatliche Leistungen und Bedienstetengehälter oder auch wie bisher über die Bankenrefinanzierung) die besten Verbreitungswege hätte, wäre es für die Menschen von Anfang an präsent und am besten zugänglich.
Eine gewisse persönliche Transaktionskasse in Freigeld würde sich bei den allermeisten Bürgern sofort etablieren, da der Umtausch dieser Gelder in andere aufgrund der anfallenden Gebühren keinen Sinn ergäbe.
Inwieweit das Freigeld dann länger gehalten und zeitlich gebunden angelegt würde, bliebe zunächst offen.
Die „Österreichische Schule“ − kritisch betrachtet:
Folgende Kritikpunkte sehe ich gegenüber den Argumentationen der „Österreichischen Schule“. Hier plädiere ich für eine offene Auseinandersetzung, womit ich deren Vertreter auch einladen möchte, eine ähnlich sachliche Kritik am Freigeld zu üben:
– Sie suggerieren stets oder streiten gar dafür, dass bei Marktgeld die heutigen Zinsprobleme überwunden seien, doch: Das Zinssystem bliebe m.E. zweifellos bestehen, da niemand sein Top-stabiles Marktgeld ohne einen Aufpreis anderen zur Verfügung stellen würde. Ohne die jährliche Rendite würde niemand sein Geld zeitlich gebunden anlegen, es wanderte alles in die Tresore. Daher muss der Zins geboten werden, wenn die Ersparnisse der Einen für die Kredite der Anderen zur Verfügung stehen sollen. Daher blieben die Probleme der Umverteilung zu den Vermögenden, wie auch der zinsbedingte Mindest – Wachstumszwang ebenfalls bestehen, da Jahr für Jahr der Zins insgesamt mitverdient werden müsste, wenn die Arbeiter keine Einbußen erleiden sollen. Der dadurch bedingte wirtschaftliche Wachstumszwang und die stete Umverteilung nach oben wird in diesen Kreisen auch konsequent unthematisiert gelassen. Der Zins wird zumeist mit der bekannten Begründung legitimiert, dass der Geldbesitzer ja für seinen Konsumverzicht entschädigt werden müsse, der Zins daher kein
leistungsloses Einkommen darstelle. Also bliebe der Zins im System, sei rechtens und mache daher keine Probleme. Die Tatsache, dass wohl kein Vermögender auf irgendeinen gewünschten Konsum verzichtet, nur um anderen Geld leihen zu können, wird ignoriert.
– Das nächste Problem kennt man vom Goldstandard im Allgemeinen: Die Geldmenge wäre einer wachsenden Wirtschaft nicht mehr flexibel anzupassen. Das Geld würde bei wachsender Wirtschaft relativ knapper. Dies sind die Deflationsgefahren, die dem Goldgeld inhärent sind. Hier wird von den Austrians nur von einer Vorhersehbarkeit der Preisentwicklung bei Inflation, wie auch bei Deflation, gesprochen, was beide damit relativ problemlos mache. Die deflatorische Abwärtsspirale, die daraus resultiert, dass die Akteure ihre Investitionen weitestgehend hinauszögern wenn sie weiter sinkende Preise vermuten, bleibt zumeist unthematisiert. Hier wird argumentiert, dass hierbei nur die vorangegangene inflatorische Phase ausgeglichen würde, also nur eine notwendige Marktbereinigung erfolge. Auf die Deflationstendenzen bei sich sättigenden Märkten wird dagegen kaum angemessen eingegangen, auch wird nicht thematisiert, dass ein solches Geld jeweils nur so oft umliefe wie unbedingt nötig, wodurch das System dauerhaft in der Deflationssymptomatik verharren würde. Durch die Erwartung sinkender Preise lohnen sich Investitionen nur noch selten, da die Investitionen zu heutigen Preisen finanziert werden müssen, die Erlöse aber aufgrund sinkender Preise niedriger als bei heutigen Preisen ausfallen. Impulse für die Wirtschaft setzten eine Erweiterung des Geldangebots voraus. Wäre eine solche zu erwarten (Spekulationen auf neue große Goldfunde, erfolgreiche Beutezüge), so stiegen schon jetzt die Investitionen. Diesen Effekt würde die Politik immer wieder auslösen wollen. Mit wahrscheinlich wieder und wieder fatalen Folgen: Es gab in der Geschichte ja schon genügend Beispiele für kriegerische Überfälle auf andere Länder zum Zwecke des Gold- und/oder Silberraubes, bzw. um Minen anderer Länder dem eigenen Herrschaftsbereich zuzuschlagen. Diese Thematik wird in den Kreisen der „Österreichischen Schule“ fatalerweise ziemlich konsequent unbeachtet gelassen.
– Auch wird von Austrians immer wieder angeführt, dass der Wert des ungedeckten Papiergeldes auf der künftigen Zahlungsfähigkeit der Schuldner beruht (was stimmt), während das Goldgeld nicht von dieser Schuldgeldproblematik belastet sei − was in einem Aspekt allerdings nicht vollends stimmt! Natürlich ist Goldgeld ohne Schuldverpflichtungen Anderer selbst werthaltig − soweit stimmt es, doch bei der erwarteten Wertmehrung bei verzinslich angelegtem Goldgeld wird es problematisch. Übersehen wird dabei nämlich, dass auch bei Goldgeld nur Zinsen bezahlt werden können, wenn sich stets genug Kreditnehmer finden und es diesen insgesamt gelingt, diese Kredite inkl. der anfallenden Zinsen wieder zu tilgen. Gelingt dies nicht, so würde das Geldvermögen der Gläubiger allerdings schrumpfen bzw. sich in „Nichts“ auflösen, angelegtes Goldgeld wäre daher ebenfalls Schuldgeld und kaum vom „Fiat-Geld“ zu unterscheiden. Da bei dieser Gefahr − wie heute auch − das Geld den Kapitalmärkten nicht zur Verfügung gestellt würde, wäre der Staat weiterhin versucht im Zweifelsfalle die Gläubigerrendite zu gewährleisten, also die Kreditausfälle zu sozialisieren, auf die Steuerzahler abzuwälzen. Das Goldgeldvolumen müsste dabei − wie heute auch − ebenfalls stets wachsen, was aber naturgemäß nicht immer und überall möglich ist. Hierin liegt jener monetäre Druck begründet, der in der Geschichte immer wieder zu Verschlechterungen des Goldgeldes geführt hat, sei es durch Änderungen der Umtauschkurse bei goldgedecktem Papiergeld oder durch Materialverschlechterungen bei Münzen. Auch ist dies der explizite monetäre Hauptgrund für Kriege, denn: wenn das Volk ruhig bleiben soll, so darf ihm das Geld nicht allzu spürbar knapp oder offenkundig wertlos werden. Wollen die Vermögenden ihre angelegten Werte aber mehren (und nur mit dieser Aussicht würden sie es den Banken zum Verleihen überlassen, es zeitgebunden anlegen), so kann dies im Goldgeldwesen nur gelingen, wenn die Edelmetallmenge im
Lande entsprechend gesteigert werden kann. Wenn das vorhandene Goldgeld nur selbst im Wert stiege, würde sich nur dauerhaft das Problem der deflatorischen Abwärtsspirale zeigen. In ihren Wirkungen (Preisverfall der Waren, Investitionszurückhaltung wegen sinkender künftiger Verkaufspreise, Produktionsdrosselung, Lohnkürzungen, Massenentlassungen) würde dies wieder nur die Vermögenden in eine Vorteilsposition bringen, also die Umverteilung nach oben weiter forcieren.

– Manche „Austrians“ haben erkannt, dass ein mehrschichtiges Geldwesen (breit etabliertes Umlaufgeld, anerkannt stabiles Warengeld) als optimal anzuerkennen wäre. Dennoch wird dergleichen dann im Rahmen der Lösungsvorstellungen der „Österreichischen Schule“ nicht weiter thematisiert. In diesem Zusammenhang wird es immer so dargestellt, als ob das reine Marktgeld (sprich: Goldgeld) per se schon alle nötigen Funktionen des Geldes voll erfüllen würde. Allerdings waren jene Goldgeld-Zeiten, in denen die Massen bemerkenswerte Wohlstandszuwächse erfuhren, stets Zeiten solcher mehrschichtigen Geldwesen, oder das Geld diente als optimales Tauschmittel, da es sich nicht zum Horten eignete (Brakteaten im Hochmittelalter, Eisengeld in Sparta …). Auch heute funktioniert das Geldwesen nur deshalb leidlich-wohlstandswahrend, da die Zentralbank Hortungen stets durch neues (allerdings nur zum Leitzins bereitgestelltes) und grundsätzlich wieder hortbares Geld kompensiert und die hiermit verbundene Inflation immer auch zu Vermögens- und Einkommensentwertungen führt. Die
Zinsen und Renditen locken zugleich die Gelder in die jeweiligen Anlagen. Wäre dies nicht so, würden wir mit dem heutigen Geld zu allen Zeiten schnell in der Wirtschaftskrise versinken.
Freigeld und Konkurrenz: Chancen im offenen Dialog mit den Austrians
Warum ich denke, dass uns eine Auseinandersetzung mit den Austrians weiterhelfen würde:
Zunächst: Wenn wir von der Funktionalität des Freigeldes überzeugt sind, so sollten wir bzgl. Konkurrenz keine Bedenken haben. Das Freigeld würde nach unserer Überzeugung ohnehin beide Funktionen (Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel) voll erfüllen können. Daher sollte es doch auch parallel zu offiziell breit etabliertem Marktgeld konkurrenzfähig sein, sich behaupten können. Ein offener Diskurs mit den „Austrians“ sollte also kein Problem darstellen, ergäbe sogar − neben den Chancen einer breiteren Thematisierung unseres Ansatzes − durchaus neue, vielversprechende Perspektiven. Es könnte sich für die Freiwirtschaftslehre als hilfreich erweisen, die Existenz des Goldes als Geld (in Form des Austrians-Warengeldes) offen zu akzeptieren. An Stelle der Ablehnung sollte (so stelle ich hier zur kritischen Diskussion) besser auf die Chancen eines erfolgreich mitkonkurrierenden Freigeldes verwiesen werden, denn: Beide Denkrichtungen zusammen würden die Vorbehalte der jeweils anderen Seite ohnehin aufheben!

Freigeld trifft ‚Austrians‘: Wege zu einer wirtschaftlichen Win-Win-Situation
Aus beidem zusammen ergäbe sich eine Win-Win-Situation für „Austrians“ und Freiwirtschaftler, denn:
– lägen die „Austrians“ richtig, so stünde der Verwirklichung ihres Konzeptes auch mit einem mitkonkurrierenden Freigeld nichts im Wege. Ihre Kritik am Freigeld erübrige sich, denn dieses würde im Zweifel im Markt ohnehin schnell verdrängt werden.
– Lägen wir aber richtig mit unserer Einschätzung des Freigeldes − wovon ich ausgehe − so würde dieses problemlos konkurrieren können. Wobei das Freigeld in seinen Wirkungen (schnell und kontinuierlich umlaufend und auch einem Wachstum der Wirtschaft flexibel anpassbar) die Probleme eines reinen Warengeldwesens beheben könnte.
– Und ganz wichtig: Durch das selbstbewusste Angebot der Freiwirtschaftler an die „Austrians“, im Reigen der Marktgelder mitzukonkurrieren, würden sie den gewohnten Vorurteilen, das Freigeld wäre übelstes Inflationsgeld, sofort offenkundig jegliche Basis entziehen.
Freigeld und Marktgeld - Zusammen ergäben sich folgende Effekte:
– Wenn sich das Freigeld ausreichend mit etablierte, so fiele der Zins auch für die Goldgelder gegen Null, da niemand Goldgeld gegen Zinsen leihen würde, wenn er Freigeld billiger bekommen könnte. Das Freigeld würde ohnehin nur für Kredite zur Verfügung stehen (also zeitlich gebunden angelegt werden und somit weiterverleihbar werden), wenn es sich am Markt als anerkannt-wertstabil mitetablieren konnte. Es träte also mit dem Goldgeld auf Augenhöhe in Konkurrenz − oder gar nicht. Ein allgemein niedrigeres Zinsniveau sollte für die „Austrians“ kein Problem darstellen, auch da sie ohnehin davon ausgehen, dass mit ihrem Geld alle ökonomischen Probleme überwunden würden und sich optimale Preise am Markt einstellen. Insbesondere würde die Höhe des Zinses − wie es die „Austrians“ wollen − nicht mehr von einer zentralen Institution bestimmt, sondern sich im Markt durch die Konkurrenz der Systeme ergeben. Das Freigeld-Währungsamt als Konkurrent zum Goldgeld würde ja nicht über Zinsdiktate, sondern über Vernichtung oder weitere Ausgabe regulieren. Aber auch eine Freigeld- Emission über eine Zentralbank stünde in Konkurrenz zum Goldgeld. Durch die konstruktive Umlaufsicherung ergäbe sich dabei aber vermutlich ein relativ niedriges Zinsniveau nahe Null. Dennoch hätten die Menschen (auch wenn dies oft bezweifelt wird) auch ohne den Zins allen Grund zum Sparen, und bei wertstabilem Geld (ob Freigeld oder Goldgeld) auch eine bessere Möglichkeit dazu: Erarbeitete Kaufkraft für später bewahren ist eine Motivation für sich, und würde durch die Effekte des Freigeldes für immer mehr Menschen in größerem Maße möglich werden, da die Zinslasten im System verschwänden.
Die so verdeckte permanente Umverteilung nach oben fiele weg bzw. würde gemindert und „Wohlstand für alle“ erst denkbar. Gerade in den Zeiten des Goldstandards waren die Lebensbedingungen der Massen ja bekanntermaßen ziemlich katastrophal. Dies sollte von den Goldgeldbefürwortern nicht immer wieder anders behauptet werden. Das Wohlergehen der Menschen bemisst sich nicht nur an der gelungenen Geldwertstabilität.
– Wenn sich das Freigeld ebenfalls etablierte, so ließe sich auch bei genereller Freiheit für die Emission konkurrierender gold-/silbergedeckter Marktgelder die effektiv-umlaufende Geldmenge an die Bedürfnisse einer wachsenden Wirtschaft entsprechend anpassen, bei vollkommener Wahrung der Stabilität. Bei wachsender Wirtschaft, aber stagnierenden Edelmetallbeständen, erhöhte sich dabei lediglich der Anteil des Freigeldes an der zirkulierenden Gesamtgeldmenge.
Aus meiner Sicht könnten sich die Dinge also erstaunlich gut zusammenfügen:
Es ergäbe sich ein zweischichtiges Geldwesen, welches ich als unbedingt diskussionswürdig betrachten möchte, da Gold immer seine Wertaufbewahrungsfunktion behalten wird, wir sollten es daher nicht prinzipiell verdammen oder ignorieren.
Das vielleicht Optimale wäre also ein mehrschichtiges Geldwesen. Einerseits ein bedingungslos zirkulierendes Umlaufgeld welches vor allem für den reibungslosen Warenverkehr benötigt würde, aber auch zur Umgehung der Geldgebühr zinsfrei oder zu niedrigen Zinsen angelegt werden kann und andererseits die offene Ermöglichung und Akzeptanz vom edelmetallgedecktem Marktgeld, da dieses ohnehin in der Menschheitsgeschichte so fest etabliert ist, dass es nicht künstlich unterdrückt werden sollte.

Das zweischichtige Geldwesen: Freigeld und Warengeld in perfekter Harmonie
Das zweischichtige Geldwesen würde sich dabei von selbst zum Besten regulieren Ein solches Geldwesen gab es auch schon. Rom ist auf diese Weise groß geworden. (vgl. Zarlenga, „Der Mythos vom Geld − die Geschichte der Macht“, S. 37 ff.)
Im Zeitraum von ca. 200 Jahren bis 269 v. Chr. zirkulierte vor allem Bronzegeld mit bekanntermaßen zweifelhaften Legierungen, oft sogar über lange Zeiträume mit bekanntermaßen (!) weit höheren Nominalwerten. Doch das interessierte die Menschen nicht wesentlich. Das Bronzegeld war das bewährte Umlaufgeld. Jeder wusste aus Erfahrung um seine mengenmäßige Limitierung und daher relativ gute Wertbeständigkeit und daher allgemeine Akzeptanz. Das genügte. Man gab es ohnehin schnell wieder aus. Für diese Rolle wäre das Freigeld prädestiniert (und würde wohl auch schnell die Werterhalt-Rolle mittragen können). Gelder, die für spätere Zeiten aufbewahrt werden sollten, tauschte man im Zweifel einfach in Gold- und/oder Silber um. So ergab sich ein zweischichtiges Geldwesen, die Tauschfunktion des Geldes wurde dadurch insgesamt ebenso erfüllt wie auch die Wertaufbewahrungsfunktion, wobei der marktstimulierende Effekt einer konstruktiven Umlaufsicherung die Tauschmittelfunktion sicherlich noch weit besser fördern würde. Dies wäre jene Konstellation, die sich bei Freigeldemission ohne künstliche Goldgeldunterdrückung von selbst ergäbe − wobei bei zinsfreien Sparmöglichkeiten bei stabilem Umlaufgeld der Grund zum Umtausch in Gold/Silber für immer mehr Menschen entfiele. Am Ende würde sich das Freigeld als das beste Marktgeld erweisen. Die Anhänger der „Östereichischen Schule“ hätte keinen Grund dies zu kritisieren, denn dies hieße ja de facto, die eigene marktwirtschaftliche Grundüberzeugung selbst infrage zu stellen. Zugleich soll jeder der möchte sein Vermögen in Gold anlegen. Da der Warentausch durch Freigeld gewährleistet wird, schädigt die Geldhortung keine unbeteiligten Dritten mehr.
Fazit:
Streiten wir uns nicht länger, kommen wir ins Gespräch, suchen wir den Diskurs, lassen wir den Markt der Systeme entscheiden.
Das beste Geldwesen wird sich hoffentlich eines Tages durchgesetzt haben. Wer kann heute sagen, wie sich der Verlauf der Geschichte einem interessiert Zurückblickenden einmal darlegen wird.
Der Weg ist das Ziel, und vielleicht führt uns ja ein Zugehen auf die „Austrians“ auf diesem Wege ein gutes Stück weiter. Diskurs ist Prozess, ist Bewegung – und dies ginge meiner Überzeugung nach aus unserer Sicht immer in die richtige Richtung, da die Logik unseres Ansatzes ohnehin das Ihre täte.
Im Diskurs wie auch im realen Wirken.
